🔵 Propaganda im Netz: Wie TikTok, Gaza-Lügen und Fake-Bilder den Krieg verzerren
Digitale Propaganda Gaza zeigt, wie der Krieg rund um Gaza auf zwei Ebenen stattfindet. Auf der einen Seite Bomben, Geiseln, Terror, Luftalarme. Auf der anderen Seite ein permanenter Strom aus Clips, Bildern, Memes und Hashtags, der für viele inzwischen wichtiger ist als jede Nachrichtensendung. Wer heute über Israel und Gaza diskutiert, diskutiert fast immer über Bilder aus dem Netz. Das Problem: Ein guter Teil davon ist manipuliert, aus dem Kontext gerissen oder schlicht erfunden.
1. Die Logik dahinter: Algorithmen lieben Emotion, nicht Wahrheit
Plattformen wie TikTok, Instagram Reels oder X belohnen vor allem eines: starke Reaktionen. Wut, Trauer, Schock, moralische Empörung.
Ein Clip, der „Genozid in 10 Sekunden“ schreit, gewinnt gegen jede seriöse Analyse, die 15 Minuten dauert.
Die Folgen sind brutal einfach: Je extremer das Bild, desto größer die Chance, dass der Algorithmus es nach oben spült. Ob die Szene stimmt, spielt erstmal keine Rolle. Hauptsache, Menschen bleiben dran, kommentieren, teilen.
So verwandelt sich ein realer Konflikt in ein emotional aufgeladenes Theater. Aus Krieg wird Content.
2. KI-Bilder als neue Ikonen: „All Eyes on Rafah“
Eines der bekanntesten Beispiele ist das Motiv „All Eyes on Rafah“. Ein perfektes Zeltmeer, dramatisches Licht, idealer Bildaufbau. Millionenfach geteilt.
Nur: Es war kein Foto, sondern ein KI-Bild. Keine reale Szene, kein Fotograf, keine Kamera.
KI erzeugt Bilder, die wie Dokumentation wirken, aber reine Emotion triggern. Wer ohnehin glaubt, Israel sei das absolute Böse, nimmt solche Bilder dankbar als „Beweis“.
Die Grenze zwischen Realität und Illustration löst sich damit komplett auf.
3. Recycelte Videos: Alte Kriege als frische Munition
Dazu kommen Clips, die mit Gaza gar nichts zu tun haben. Szenen aus Syrien, Jemen oder früheren Gaza-Kriegen werden neu hochgeladen und als „gestern gefilmt“ verkauft.
Ein Filmset von 2022, das Explosionen probt, wird plötzlich zum „geleakten Video aus Gaza“.
Der Mechanismus ist simpel: Kaum jemand prüft Originalquellen oder Zeitstempel. Wer teilt, schreibt einfach etwas dazu, das ins eigene Weltbild passt.
Selbst wenn später alles widerlegt wird, ist der Schaden längst angerichtet.
4. Aus dem Kontext gerissene Schnipsel: 10 Sekunden statt Realität
Auch echte Szenen werden zur Propaganda, sobald der Kontext fehlt. Ein 8-Sekunden-Clip mit einem israelischen Panzer wird als „Vertreibung“ verkauft, ohne Vorgeschichte oder Folge. Lachende IDF-Soldaten werden als „sie feiern tote Kinder“ betitelt, obwohl die Szene aus einem völlig anderen Moment stammt.
Kontext ist im Netz Luxus. Empörung ist Standard.
Wer nachfragt, gilt schnell als „Relativierer“.
5. „Pallywood“, „Gazawood“ und der Kampf um Glaubwürdigkeit
Der Begriff „Pallywood“ beschreibt inszenierte Szenen palästinensischer Akteure. Ja, es gab Manipulationen. Aber der Begriff selbst wird heute oft missbraucht, um jedes Leid pauschal als Betrug abzustempeln. Gleichzeitig gibt es Accounts, die angeblich „Fakes entlarven“, selbst aber verzerren. Reale Opfer werden als Schauspieler bezeichnet, vermeintliche „Beweise“ lösen sich bei genauerer Prüfung in Luft auf.
Ziel ist nicht Wahrheit, sondern Verwirrung. Und Verwirrung ist eine eigene Form der Propaganda.
6. Kommerz trifft Katastrophe: Wenn TikTok am Leid verdient
Ein besonders abstoßender Trend: TikTok scannt Videos automatisch und schlägt passende Produkte vor. Neben Trümmern und Trauer erscheinen Hinweise wie „Hol dir das Top aus diesem Video“. Für den Algorithmus ist ein zerstörtes Haus nur ein Hintergrund. Eine weinende Mutter ist perfekter Click-Magnet. Und daneben lässt sich wunderbar Werbung platzieren.
7. Psychologische Wirkung: Einfache Bilder für komplexe Konflikte
Der Gaza-Konflikt ist historisch, religiös, politisch und juristisch extrem vielschichtig. Social Media macht daraus eine Märchenwelt aus Gut und Böse.
Besonders junge Nutzer, die fast nur Clips konsumieren, denken zwangsläufig in Schwarz Weiß. Zwischentöne haben in einem 12-Sekunden-Video keinen Platz.
Parolen wie „Genozid“, „Apartheid“ oder „alles inszeniert“ wandern aus TikTok direkt in Klassenzimmer, Aufmärsche und Familienchats. Und zwar in einer maximal verzerrten Version.
8. Was das für die Debatte bedeutet
Wer über Israel, Gaza und Hamas spricht, redet selten über Fakten, sondern über vorgefilterte Narrative. Digitale Propaganda Gaza verstärkt genau diese Filterblasen. Die Mehrheit streitet über Videos, die sie nie komplett gesehen hat, und über Begriffe, deren Bedeutung sie nicht kennt.
Faktenchecks erreichen kaum Reichweite. Zu spät, zu trocken, zu unsexy.
Trotzdem sind sie unverzichtbar, wenn eine Gesellschaft nicht in eine algorithmische Parallelwelt kippen soll.
9. Was man konkret tun kann
Den Algorithmus kann man nicht abschalten, aber man kann gegenhalten. Zum Beispiel mit Fragen wie:
- Wer hat das gepostet und wem nützt es?
- Gibt es Quelle, Datum, Ort, unabhängige Bestätigung?
- Taucht das Video vielleicht in früheren Konflikten schon auf?
- Wirkt es wie KI, weil Proportionen, Licht oder Details nicht stimmen?
Perfekt prüfen kann man nie. Aber ein Minimum an Skepsis filtert schon die größten Lügen aus. Auch das ist ein Schutzschild gegen digitale Propaganda Gaza.
Der Gaza-Krieg wird nicht nur auf Landkarten und Schlachtfeldern ausgetragen, sondern in Feeds und Storys. Jede Seite hat ihre Bilder, Helden, Opfer und Schlagworte.
Doch wer verstehen will, was wirklich passiert, kommt an einem Satz nicht vorbei: Bilder können berühren, aber sie können auch lügen.
Wer sie unkritisch teilt, wird schnell vom Zeugen zum Werkzeug der Propaganda. Digitale Propaganda Gaza lebt genau von dieser Unkritik.
