🔵 Warum Gaza aussieht wie Gaza aussieht – Die brutale Mechanik eines asymmetrischen Krieges
Die sichtbare Zerstörung und der fehlende Kontext
Wer die aktuellen Bilder aus Gaza sieht, fühlt sich schnell an das Schlimmste erinnert. Ganze Straßenzüge sind zu Trümmern geworden, Wohnblöcke liegen eingestürzt am Boden, zwischen den Ruinen weht Staub wie in einer postapokalyptischen Szenerie. Für viele Beobachter ist das sofort der visuelle Beweis dafür, dass Israel „alles plattgemacht“ habe. Doch dieser reflexhafte Schluss liegt oft nur daran, dass die entscheidenden Zusammenhänge fehlen. Die sichtbare Zerstörung ist nicht das Ergebnis spontaner Zerstörungswut, sondern die logische Folge eines über Jahre vorbereiteten, asymmetrischen Krieges in einer der dichtesten urbanen Zonen der Welt.
Eine Stadt, die längst keine Stadt mehr war
Um zu begreifen, warum Gaza heute so aussieht, muss man die besondere Ausgangslage kennen. Gaza war lange vor Beginn der Kämpfe kein normales Wohngebiet mehr. Die Hamas hat das Gebiet systematisch militarisiert, nicht punktuell, sondern flächendeckend. Internationale Experten, Sicherheitsbehörden und unabhängige Analysen bestätigen seit Jahren, dass sich in der Enklave ein rund tausend Kilometer langes Tunnelsystem befindet, das unter Wohnhäusern, Schulen, Kliniken und zivilen Einrichtungen verläuft. Dazu kommen dutzende Waffenlager, Raketenbauwerkstätten und Kommandozentralen, die bewusst inmitten ziviler Infrastruktur platziert wurden. Immer wieder fanden sich Beweise dafür, dass ganze Wohnblocks mit Sprengfallen versehen waren. Schätzungen gehen davon aus, dass rund vierzig Prozent der Gebäude zumindest teilweise vermint oder militärisch eingebunden waren.
Die Hamas-Strategie: Krieg mitten in der Zivilbevölkerung
Diese Struktur ist kein Zufall. Sie ist das taktische Grundprinzip einer Terrororganisation, die genau weiß, dass sie einer konventionellen Armee militärisch unterlegen ist. Deshalb setzt die Hamas auf eine Strategie: den Gegner mitten in die Zivilbevölkerung hineinziehen, ihn vor moralische und operative Dilemmata stellen und zugleich die eigenen Strukturen unsichtbar machen. Der Tunnel unter dem Haus wird zur Kommandozentrale, der Keller zur Waffenstation, die Schule zur Raketenrampe, das Krankenhaus zum Schutzschild. Wer diese Ausgangslage ignoriert, kann das heutige Ausmaß der Zerstörung nicht verstehen.
Urbaner Krieg: Wenn Gebäude selbst zur Waffe werden
Ein asymmetrischer Krieg in einer Stadt ist die zerstörerischste Form des Gefechts. Gebäude sind dort nicht nur Kulisse, sondern militärischer Faktor. Sie dienen als Deckung, Scharfschützenposition, Bewegungsbarriere, Zugang zu Untergrundstrukturen oder als potenzielles Fallensystem. Es gibt kein neutrales Gebäude. Und es gibt keine kampffreie Straße, wenn der Feind die Stadt zu seinem Arsenal gemacht hat. Das ist kein spezifisch israelisches Phänomen, sondern universale urbane Kriegslogik.
Der Vergleich mit anderen Schlachtfeldern
Man muss nur auf Mosul 2017 blicken, nach der Befreiung von ISIS. Das dortige Bild gleicht Gaza fast bis ins Detail: kilometerlange Ruinenfelder, eingestürzte Wohnblocks, ganze Stadtviertel, die wie ausradiert wirken. Doch niemand stellte den Befreiern vor Ort die Frage, ob sie „mutwillig alles zerstört“ hätten. Man verstand damals, dass die Stadt selbst das Schlachtfeld war. Gaza hingegen war noch stärker militarisiert als Mosul.
Warum Gebäude zerstört werden müssen
Die taktische Realität auf dem Boden ist für Außenstehende schwer nachvollziehbar. Wenn Soldaten ein Gebäude betreten, reicht ein einziger Blick, um zu entscheiden, ob man weiter vorrückt oder das Gebäude abreißen lässt. Wenn Uniformteile, Waffenmagazine, Kabel oder Sprengmaterial im Eingangsbereich liegen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: riskieren, dass das nächste Zimmer eine Falle ist, oder das Gebäude zerstören. Niemand, der Verantwortung trägt, schickt Menschen in ein Haus, das mit hoher Wahrscheinlichkeit vermint ist.
Die Dynamik eines Gefechts: Sprengfallen, Rückeroberungen, ständige Bedrohung
Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Die Hamas legt Sprengfallen kontinuierlich, auch mitten im Gefecht. Ein Gebäude, das heute gesichert wurde, kann morgen wieder vermint sein. Ein Haus, das gerade als Deckung genutzt wurde, kann am nächsten Tag als Waffenlager dienen. Diese Dynamik zwingt jede Armee, Gebäude zu neutralisieren, sobald sie operativ gefährlich werden. Das gilt nicht nur für Israel, sondern für jede Armee der Welt. Urbaner Krieg folgt keinen moralischen Wunschvorstellungen, sondern harten Zwängen.
Der Faktor Tunnel: Wenn Untergrundstrukturen ganze Stadtteile einstürzen lassen
Auch die Zerstörung überirdischer Gebäude durch Tunnel spielt eine enorme Rolle. Wer Tunnel sprengt, verursacht zwangsläufig Schäden darüber. Fundamente brechen ein, Stützpfeiler geben nach, ganze Häuser stürzen ein. Wenn ein Tunnelschacht unter einem Wohnhaus liegt – und das war in Gaza weit verbreitet – wird dieses Haus automatisch zum militärischen Ziel. Dass es nach einem Angriff nicht mehr steht, ist keine Frage der Absicht, sondern eine statische Konsequenz.
Die Mechanik urbaner Kriegsführung: Schäden, die niemand verhindern kann
Dazu kommen Schäden, die in jedem urbanen Gefecht entstehen. Wenn Panzer sich bewegen, reißen sie Wände auf, um Hinterhalte zu vermeiden. Wenn Raketen oder Panzerfäuste Einschläge verursachen, fallen Stockwerke ein. Wenn Munition brennt, entzündet sie Möbel und Häuser stehen in Flammen. Wenn Mörsergranaten einschlagen, brechen Dächer und Fassaden. Diese Realität mag niemand, aber sie ist unvermeidbar.
Asymmetrischer Krieg ist niemals linear
Auch strategische Rückzüge spielen eine Rolle. Viele Gebiete, die die IDF eingenommen hatte, wurden später erneut von der Hamas infiltriert. Dabei entstanden neue Waffenlager, neue Sniperpositionen, neue Sprengfallen. Gebäude, die zunächst unbeschädigt blieben, werden später erneut zur Gefahr und müssen neutralisiert werden. Asymmetrische Kriegsführung ist ein ständiger Kreislauf aus Vorstoß, Rückzug und erneuter Bedrohung.
Der Dominoeffekt einer umfunktionierten Stadt
All diese Faktoren erzeugen eine Kettenreaktion. Wenn ein Haus einstürzt, schädigt es angrenzende Strukturen. Wenn Tunnel unter Häusern verlaufen, destabilisieren sie ganze Straßenzüge. Wenn ein Block voller versteckter Infrastruktur ist, führt der Kampf in einem einzigen Gebäude dazu, dass ganze Cluster unbewohnbar werden. Es ist kein gezieltes „Auslöschen“, sondern der Dominoeffekt einer urbanen Kriegszone.
Das große Missverständnis: Zerstörung heißt nicht Absicht
Das verbreitete Missverständnis, Zerstörung beweise Absicht, ist ein Trugschluss. Die Ruinen sind kein Zeichen für Brutalität, sondern für die Komplexität des Schlachtfeldes. Wer Hamas inmitten einer zivilen Stadt bekämpft, sieht am Ende ein Bild wie in Mosul, Raqqa oder Aleppo. Die äußere Zerstörung ist austauschbar, weil die inneren Mechanismen dieselben sind.
Die andere Seite der Medaille: Humanitäre Kritik und falsche Vorwürfe
Natürlich wird Israels Vorgehen häufig kritisiert. Organisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch werfen Israel Menschenrechtsverletzungen vor. Doch diese Berichte lassen den Terror der Hamas nahezu vollständig außen vor. Sie verschweigen, dass Hamas Zivilisten als Schutzschild nutzt, Raketen aus Wohngebieten abfeuert und jede Evakuierung sabotiert. Die Behauptung, Israel wolle gezielt Zivilisten töten, ist ein verkürztes Narrativ, das die Terrorstrategie ignoriert.
Das schmerzhafte Fazit
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Die Ruinen Gazas sind das Ergebnis eines Krieges, der in Tunneln, Kellern und Wohnungen geführt wurde. Gaza wurde von Hamas nicht verteidigt, sondern geopfert. Nicht für die eigene Bevölkerung, sondern für Bilder, die Empörung auslösen sollen. Der urbane Krieg, den Hamas gewählt hat, führt immer zu Ruinen. Nicht, weil eine Armee zerstören will, sondern weil eine Terrororganisation die Stadt als Waffe benutzt hat.
